Fred Jacob | Korbmachermeister

Fred Jacob | Korbmachermeister

Interview

Handwerk hat goldenen Boden und ist im Fall von Fred Jacob aus goldgelbem Rattan oder Korb geflochten. Als einer der letzten Korbmachermeister im Bundesgebiet übt er in dritter Generation voller Leidenschaft diesen besonderen Beruf aus. Neben traditionellen Korbwaren, wie etwa Körbe, Sessel sowie Stühle mit Flechteinsatz, erschafft er auch grandiose Kunstobjekte und dringt mit diesen u. a. in den Bereich des Modedesigns ein. Kunden, zu denen auch zahlreiche Theather zählen, sind von seinen detailverliebten, formschönen Kreationen begeistert.

Wir haben mit Fred Jacob über sein Handwerk, die Arbeit und das Leben im Naturpark Barnim gesprochen.

Korbmachermeister Fred Jacob, wohnhaft in Wandlitz, Ortsteil Stolzenhagen, im Naturpark Barnim, Barnimer Land, Brandenburg, vor seinem Atelier / seiner Werkstatt in Berlin.

Bereits Ihr Großvater und Ihr Vater haben als Korbmachermeister gearbeitet. Auch Ihre Tochter hat den Beruf erlernt. Weshalb übt die Korbmacherei einen so großen Reiz auf Sie und Ihre Familie aus?

Bei uns ist die Korbmacherei eine Familientradition, die man weiterführen möchte. Zumindest empfinde ich es so. Meine Tochter hat die Korbmacherei zwar gelernt, arbeitet inzwischen aber nicht mehr in diesem Beruf. Für mich ist es jedoch wichtig, so ein altes Handwerk zu fördern und die Tradition weiterzuführen.

Aber hatten Sie nie den Wunsch, etwas anderes zu werden?

Ich habe ja zunächst etwas anderes gemacht und die Korbmacherei erst im späteren Berufsleben erlernt. Mein Vater hat damals gesagt „Junge, lern was Vernünftiges, geh in einen Großbetrieb“. Daher habe ich im Werk für Fernsehelektronik (WF) angefangen und Elektromontierer gelernt. Anschließend habe ich als Einrichter gearbeitet und erst dann den Beruf des Korbmachers bei meinem Bruder erlernt. 1984, im Alter von 24 Jahren, habe ich mich schließlich selbstständig gemacht.

Sie sind unter den wenigen deutschen Korbmachern, die es gibt, wohl der bekannteste. Dies liegt vor allem daran, dass Sie neben traditionellen Korbwaren auch extravagante Designerstücke schaffen. Was sind die außergewöhnlichsten Objekte, die Sie gefertigt haben? Und für wen oder was wurden sie erarbeitet?

Das vielleicht außergewöhnlichste, größte und zeitaufwendigste Objekt ist der Hut für BMW mit den Maßen 5 x 7 x 2,50 Metern. Beim Genfer Autosalon wurde ein Mini darunter präsentiert. Für das Opernhaus in Los Angeles fertigte ich zwei große Hände mit den Maßen 4,50 x 4,20 Metern, sodass jemand in diesen stehen konnte. Die Segmente der Hände waren beweglich. Damals wurde ein Apfel mit diesen von der Bühne getragen. Außerdem habe ich die liegende Skulptur für Henry Moore geschaffen, die mit 2,70 x 3 Metern auch sehr groß ist. Dieses Kunstobjekt wurde in einer Londoner Ausstellung gezeigt und dort auch verkauft.

Werkstatt / Atelier vom Korbmachermeister Fred Jacob, wohnhaft in Wandlitz, Ortsteil Stolzenhagen, im Naturpark Barnim, Barnimer Land, Brandenburg.
Werkstatt / Atelier vom Korbmachermeister Fred Jacob, wohnhaft in Wandlitz, Ortsteil Stolzenhagen, im Naturpark Barnim, Barnimer Land, Brandenburg.

Ist es richtig, dass nur Sie die Fertigkeit besitzen, dieses Material so zu formen?

Dass nur ich dies kann, würde ich nicht so sagen. Ich habe mich halt darauf spezialisiert, das Material an seine Grenzen zu bringen. Sicherlich können das auch andere Korbmacher. Aber die Skulpturen und Objekte, die ich schaffe, sind schon einzigartig. Zumindest konnte ich bei Recherchen bisher nichts finden, das meinen Arbeiten gleicht.

Stellen Sie sich vor, dass Sie ein künstlerisches Projekt Ihrer Wahl umsetzen könnten. Ausmaß und Kosten spielen dabei keine Rolle. Wie würde Ihre Idee aussehen?

Meine Idee wäre es, Räume in Räumen zu schaffen. Meint, dass in riesigen Räumen wiederum Räume, mit Wänden, Sitzelementen und anderes Mobiliar, aus Korb inszeniert werden.

Gab es nicht mal so ein kreatives Hotel in Berlin, wo Künstler*innen sich ausprobieren konnten und jedes der Zimmer anders aussah?

Ich habe auch schon mal bei so einem Projekt im Spreewald mitgemacht. Da habe ich ein riesengroßes Bett gebaut, das zusammen- und auseinandergeschoben werden konnte. In dem Raum waren nur das Bett, ein Schrank und ein Tisch. Das Bett stand in der Mitte. Wenn es zusammengeschoben wurde, war es im Prinzip ein riesengroßer Korb, in den man sich reinlegen konnte. Aber in meiner Idee geht es darum, einen komplett eigenen Raum zu schaffen.

Aber da findet sich doch bestimmt eine Möglichkeit, gerade in der Hotellerie.

Das Problem ist einfach, dass ich keine Zeit habe, mich darum zu kümmern. Gerne würde ich sonst auch mal eine Ausstellung machen. Man kann sich aber nicht um alles kümmern.

Korbmachermeister Fred Jacob, wohnhaft in Wandlitz, Ortsteil Stolzenhagen, im Naturpark Barnim, Barnimer Land, Brandenburg, vor seinem Atelier / seiner Werkstatt in Berlin.

Schade, die Kunst und die kreativen Sachen würden Ihnen ja viel Spaß machen.

Mit meinen Schaufenstern ziehe ich ja schon Leute an, die etwas Außergewöhnliches haben möchten. Es kommen auch genug Designer*innen und Künstler*innen, für die ich beispielsweise Sessel und Skulpturen entwickle. Hinzu kommen die Theaterarbeiten. Die Deutsche Oper, die Staatsoper und die Komische Oper lassen ihre Sachen von mir fertigen. Das alles mache ich ja schon. Aber die Arbeiten, die man selber im Kopf hat und umsetzen möchte, stehen letztlich nur im Laden herum, stauben ein und werden nie in Ausstellungen der Öffentlichkeit präsentiert.

Sie arbeiten überwiegend mit Naturmaterialien. Welche Rolle spielt die Natur in Ihrem Leben?

Naturmaterial ist das einzige, womit man vernünftig arbeiten kann. Ich möchte die Umwelt auch nicht noch mehr mit PVC-Materialien belasten, mit dem ich auch arbeiten könnte. Das Material wächst ja auch schnell und teilweise auch hier in Deutschland. Früher pflegten Korbmacher*innen ihre eigenen Plantagen. Aber das wäre heutzutage einfach zu zeitaufwendig. Das Material kriegt man fertiggeliefert, unter anderem aus Spanien oder Polen. Ich verwende oft spanische Weide.

Auch bin ich in der Natur groß geworden. Zwar in Berlin, aber eben im ländlichen Altglienicke. Da hatten wir ein Haus mit Garten. Später bin ich ins Zentrum Berlins gezogen, wo ich 10-12 Jahre gewohnt habe. Doch dann stellte ich fest, dass ich wieder raus in die Natur muss. Die Felder, die Wiesen, die Seen, draußen spazieren gehen und alles was dazugehört – das brauche ich einfach. Die Menschen hier im Zentrum sind mir zu viel. Ich brauche auch mal meine Ruhe.

Wobei Sie ja gerne in Mitte arbeiten.

Meinen Beruf könnte ich auch auf dem Land ausüben. Da würde ich aber nicht so schnell die Arbeiten bekommen, für die ich brenne und die ich hier in Berlin mache. Ich arbeite ja viel mit Designern, Theatern und Opernhäusern zusammen. Solche Aufträge bekomme ich eher hier in der Stadt. Und mit den Stühlen verhält es sich ähnlich. Meinen Laden habe ich hier seit 35 Jahren. Ich kann auch gar nicht mehr woanders vernünftig arbeiten. Ich brauche dafür die Atmosphäre, die ich mir hier über Jahre hinweg geschaffen habe.

Seit wann genau sind Sie in Wandlitz und wie kamen Sie dazu nach Wandlitz zu gehen, wenn Sie doch in Altglienicke großgeworden sind?

Ich bin 1998 hergezogen, da ich die Gegend mit all den Seen schöner finde. In Altglienicke bekommt man ja mehr vom Flughafen mit. Da hat man zwar ein paar Felder, aber nicht so viel Wald, Wiesen und Wasser wie hier.

Das war also keine Zufallsentscheidung, sondern Sie sind ganz bewusst wegen der Landschaft nach Wandlitz gezogen?

Ja und vor allem auch wegen der Verbindung. Ich bin vom Prenzlauer Berg in Berlin schneller raus aus der Stadt, als wenn ich Richtung Schönefeld fahren müsste. Jetzt fahre ich im Normalfall 35-40 Minuten von der Arbeit bis nach Wandlitz, bzw. Stolzenhagen, wenn nicht gerade überall gebaut wird.

Korbmachermeister Fred Jacob, wohnhaft in Wandlitz, Ortsteil Stolzenhagen, im Naturpark Barnim, Barnimer Land, Brandenburg, vor seinem Atelier / seiner Werkstatt in Berlin.

Welche Lieblingsplätze haben Sie in Wandlitz bzw. im Naturpark Barnim und warum?

Ich liebe die Seen und auch den Wald in dieser Region. Ich bin einfach gerne am Wasser und hier auch viel zum Stand-up-Paddeln unterwegs. Einen bestimmten Lieblingsplatz habe ich aber gar nicht. Mal ist es der eine See und mal ein anderer.

Wo gehen Sie im Naturpark Barnim gerne essen oder was trinken?

Ich gehe gerne in Lokalen, die am Wasser liegen, wie etwa die Fischerstube. Aber auch im Jägerheim in Ützdorf war ich schon ein paar Mal.

Vielen Dank für Ihre Zeit und das interessante Gespräch, Herr Jacob!

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