Marion Schuster und Jürgen Günther | Organisatoren | Brassens-Festival
Interview
Seit seiner Erstauflage im Jahre 2004 erfreut sich das Brassens-Festival von Jahr zu Jahr einer immer größer werdenden Beliebtheit. Jedes Jahr strömen im September zahlreiche internationale Künstler und Besucher in den idyllischen Naturpark Barnim, um das Kultur-Spektakel hautnah mit zu erleben.
Die Initiatoren des Brassens-Festivals, Marion Schuster und Jürgen Günther, stecken immer wieder ihr Herzblut in die Planung und Organisation des Musikfestivals. Wir haben die beiden getroffen und über ihre Idee, Mut und Motivation und vieles mehr gesprochen.
Seit vielen Jahren organisieren Sie das Brassens-Festival. Welche Idee steckt hinter dem Projekt „Brassens in Basdorf“?
Unser gemeinnütziger Verein Brassens in Basdorf e.V. veranstaltet zu Ehren Georges Brassens jährlich ein Gründungsfest und das Festival Brassens. Georges Brassens war Poet, Komponist und Chansonnier und lebte zwischen 1943 und 1944 im Zwangsarbeitslager Basdorf. Mit unserem kulturpolitischen Projekt möchten wir die Erinnerungskultur an die Zwangsarbeit während des 2. Weltkrieges pflegen, einen Beitrag zur deutsch-französischen Freundschaft leisten und das französische und deutsche Chanson bekannter und beliebter machen. Wir haben es geschafft, in Eigeninitiative Kulturarbeit zu fördern und internationale Begegnungen zu schaffen. Die Menschen aus Basdorf und Umgebung müssen nicht erst nach Berlin fahren, um internationale Künstler mitzuerleben. Die Veranstaltungen kann jedermann zu moderatem Eintrittsgeld oder vielfach bei freiem Eintritt besuchen.
Wieso lohnt sich ein Besuch des Brassens-Festivals?
Der Besuch lohnt sich für alldiejenigen, die „große Kunst auf kleinen Bühnen“ hautnah und ohne Barriere miterleben möchten und nach dem Konzert Kontakt mit den Künstlern aufnehmen wollen. Jeder ist willkommen. Wer seine Sprachkenntnisse erweitern möchte, soll auch einfach mal vorbeischauen, da viele Beiträge zweisprachig sind. Auf dem Brassens-Festival ist überall ein französisches Flair zu verspüren und das macht einfach Lust, die Atmosphäre vor Ort mitzuerleben.
Woher kamen Ihr Mut und Ihre Motivation, das Festival zu organisieren?
Entscheidend für den Mut und die Motivation war die Begegnung mit den Weggefährten von Georges Brassens im September 2003 bei ihrem Besuch in Basdorf. Auf Wunsch der damaligen Bürgermeisterin, Heidi Freistedt, hatten wir die Gäste betreut. Wir hatten damals die beiden Freunde René Iskin und Pierre Onteniente aus der Zeit der Zwangsarbeit in Basdorf kennengelernt. Victor Laville, der Schulfreund von Brassens aus Sète und Gerhard Kismann, sein deutscher Freund aus der Zeit in Crespières bei Paris, waren auch dabei. Sie alle blieben Brassens‘ Freunde bis zu seinem Tod im Jahre 1981. Bei ihrem Besuch 2003 in Basdorf übergaben uns die älteren Herren die Flamme der Begeisterung und der Liebe zu Brassens, dem Künstler und dem Menschen, der ihr Leben verändert hatte. Es war ein Besuch nach fast 60 Jahren voller Neugier und ohne Ressentiments. Wir reichten uns die Hand, nahmen uns in die Arme und wurden Freunde. Daraus entstanden der Wunsch und auch die moralische Verpflichtung, die deutsch-französische Freundschaft zu pflegen und Georges Brassens ein Festival zu widmen. Um ehrlich zu sein, fanden wir uns damals nicht mutig. Es war einfach selbstverständlich, dass dieser Besuch nicht ohne Wirkung bleiben konnte.
Wie sieht Ihre Vision vom Festival aus und welche Ideen möchten Sie mit dem Brassens-Festival noch verwirklichen?
Im Jahr 2020 wird ein neuer Vorstand gewählt. Jüngere Leute übernehmen dann das Ruder und werden Kontinuität und Weiterentwicklung garantieren. Es ist uns gelungen, während der vergangenen 15 Jahre aus Basdorf, dem Ort der Zwangsarbeit in der Erinnerung der Franzosen, den Ort des deutschen Brassens-Festivals zu machen. Das hängt auch damit zusammen, dass während des Festivals die eingeladenen ausländischen Künstler vier bis fünf Tage mit den deutschen Künstlern zusammenlebten und musizierten. Über die Jahre sind so viele Künstlerfreundschaften entstanden und es kam vielfach zu gegenseitigen Besuchen. Französische Gäste kamen nach Basdorf und wir besuchten jährlich einige Festivals in Frankreich.
In den vergangenen Jahren haben Sie einen fantastischen Ort für grenzübergreifendes Musizieren und Miteinander geschaffen. Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Wir würden es sehr begrüßen, wenn die Siedlung „Basdorfer Gärten“ die Erinnerung an die Zeit der Zwangsarbeit wach hält und das ehemalige Casino nach der Restaurierung zum zentralen Konzertort wird. Mit der Einbeziehung der Kirchen der Ortsteile der Gemeinde Wandlitz, Konzertorten im Landkreis und Berlin haben wir die überörtliche Bedeutung des Festivals unterstrichen. Wir bereiten momentan auch eine engere Zusammenarbeit mit den Festivals in Paris, Lüttich und ein Festival in der Geburtsregion von Georges Brassens in Südfrankreich vor.
Wie hat sich das Festival seit seiner Erstauflage im Jahre 2004 entwickelt?
Uns war klar, dass wir nicht erwarten konnten, dass viele Menschen nach Basdorf zu einem französischen Chansonfestival kommen würden. So haben wir von Anfang an gedacht, dass wir zu den Menschen gehen müssen und organisierten Konzertorte in den Ortsteilen der Gemeinde Wandlitz, Bernau und Berlin, um das Festival bekannt zu machen. Anfangs fanden durchaus auch Konzerte statt, bei der die Anzahl der Künstler und der ehrenamtlichen Helfer größer war, als die der Zuschauer.
Warum haben Sie sich dadurch nicht entmutigen lassen?
Die Konzerte in Berlin waren werbewirksam und haben uns viele Zuschauer in die Region geholt. Wir erinnern uns gerne an die Konzerte im Lokschuppen der Berliner Eisenbahnfreunde, in den die Gäste mit einem Dampflok-Sonderzug aus Berlin eingefahren sind. Die Veranstaltungen in der Basdorfer Bibliothek, die eine Erinnerungstafel von Georges Brassens ziert, gehörten zu den beliebten Ereignissen. Im gut besuchten Casino in den jetzigen „ Basdorfer Gärten“ fanden große Konzerte statt, bis es nicht mehr nach dem Auszug der Landespolizeischule bespielbar war. Danach gab es über mehrere Jahre Konzerte in der Kulturbühne „Goldener Löwe“ in Wandlitz. Mit unseren Konzerten konnten wir dem damaligen Bürgermeister von Wandlitz, Herrn Tiepelmann , helfen, diese Bühne zu etablieren. Nach dem Amtswechsel war eine Fortsetzung aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr möglich.
Wie sind Sie mit der neuen Situation umgegangen?
Die großen Konzerte haben wir dann in der Festscheune Pape in Basdorf organisiert. Die waren damals von besonders großer Beliebtheit. Wir mussten aber immer wieder Konzertorte wechseln und neue hinzufügen, weil Pforten geschlossen oder manche Orte einfach nicht mehr zur Verfügung standen. Als netter Nebeneffekt ist der Bekanntheitsgrad des Festivals immer größer geworden. Die Anzahl der Zuschauer stieg kontinuierlich, sodass einige Konzertsäle inzwischen zu klein wurden. Bis zur Eröffnung des Casinos in den Basdorfer Gärten ist vorübergehend das Hotel Barnimer Hof in Basdorf der zentrale Konzertort. An dieser Stelle möchten wir auch gerne für die hervorragende Zusammenarbeit danken. Das Eventcafé Petticoat in Basdorf ist für Zuschauer und Künstler auch ein großartiger Begegnungspunkt. Seit vielen Jahren organisieren wir in der Kulturfabrik Schlot in Berlin-Mitte, im Centre Bagatelle in Berlin-Frohnau und auch wieder im Centre Francais in Berlin-Wedding verschiedene Werbeveranstaltungen. An den Festivalsonntagen gibt es in den Dorfkirchen der Ortsteile von Wandlitz Konzerte, die mit großer Unterstützung durch die jeweiligen Gemeindekirchenräte organisiert werden. Neu im Programm ist die Gemeinde Schönow, das Marktplatzfest in Biesenthal und die Badewiese der Fischerstube in Stolzenhagen.
Wir gehen also weiterhin zu den Menschen in unterschiedliche Orte. Der Spielplan ändert sich entsprechend. Künstlerisch hat sich das Festival enorm gesteigert. Von anfänglich in der Mehrzahl engagierten Amateuren ging die Entwicklung hin zu musikalischer Professionalität mit menschlichem Engagement. Die Künstler kamen und kommen aus allen Gegenden Frankreichs, Belgien, Italien, der Schweiz, Polen, England, Schweden und sogar aus Chile. Sie kommen sozusagen als Unterstützer des Benefiz-Projektes und erhalten nur eine kleine Aufwandsentschädigung. An einem Festival nehmen in der Regel 25 Künstler teil.
In welches Restaurant im Naturpark Barnim gehen Sie am liebsten?
Das Angebot ist hier von hoher Qualität und vielfältig. Es ist einfach schön, dass man je nach Lust, Laune und Geschmack entscheiden kann. Wir haben kein Lieblingsrestaurant. Mal gehen wir zum „Griechen“, mal zum „Italiener“, mal zum „Vietnamesen“ oder wenn wir Lust auf Fisch haben in die „Fischerstube“ nach Stolzenhagen. Auch die „Deutsche Küche“ ist an vielen Orten gut vertreten.
Welche drei Dinge faszinieren Sie im Naturpark Barnim am meisten?
Das ist einfach: Die beeindruckende Natur mit Ihren schönen Wäldern und Seen, die vielen romantischen Orte und die vielfältige Gastronomie.
Sie möchten einen Spaziergang machen. Wo gehen Sie hin?
Am liebsten unternehmen wir Spaziergänge in den Wald zwischen Basdorf und Dammsmühle. Dort kann man die Seele einfach mal baumeln lassen und die Ruhe genießen. Mitten im Wald und einem schönen See gelegen, befindet sich ja auch das Schloss Dammsmühle. Das ist schon alles sehr idyllisch hier.
Haben Sie vielen Dank, Frau Schuster und Herr Günther, für das tolle Gespräch. Sie haben hier etwas ganz Wunderbares geschaffen.